Modernisierungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz aka „Omnibus-Richtlinie“
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Vorwort
Der nachfolgende Artikel soll einen Kurzüberblick des Modernisierungsrichtlinie-Umsetzungsgesetzes (MoRUG I und II aka. "Omnibus-Richtlinie") bieten und ersetzt keinesfalls eine ausführliche Rechtsberatung. Für allgemeine Fragen zum Inhalt der Richtlinien-Änderung und individuelle Betroffenheitsanalysen stehen wir für unsere Kunden und Partner jederzeit gerne zur Verfügung. Sollten Sie spezifisch legistische Fragen haben, wenden Sie sich bitte an einen qualifizierten Juristen.
Sämtliche Informationen entstammen den Inhalten folgender Website und den dort zur Verfügung gestellten relevanten Dokumenten: www.parlament.gv.at. [abgerufen am 05.05.2022].
Hintergrund & Ziele
Das Modernisierungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz (MoRUG I und II) stellt einen Teil der Initiative „New Deal for Consumers“ dar, die bereits 2018 von der Europäischen Kommission vorgestellt wurde. Dieses Modernisierungsgesetz wird auch als „Omnibus-Richtlinie“ (2019/2161) bezeichnet, da vier bestehende EU-Richtlinien simultan modernisiert und an die digitale Welt angepasst werden, um den Verbraucherschutz im digitalen Handel nachhaltig zu verbessern. Um dies zu gewährleisten, beziehen sich die legistischen Anpassungen insbesondere auf Optimierungen der Verbraucherinformation im Kontext der Preisdarstellung, sowie von Rankings und Verbraucherbewertungen. Im Konkreten wurden folgende Richtlinien überarbeitet und waren per Befristung mit 28.11.2021 in das innerstaatliche Recht umzusetzen:
- Richtlinie über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (93/13/EWG),
- Richtlinie über die Rechte der Verbraucher (200/83/EU),
- Richtlinie über den Schutz der VerbraucherInnen bei der Angabe der Preise der ihnen angebotenen Erzeugnisse (98/6/EG),
- Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und VerbraucherInnen (2005/29/EG).
Die Anwendung der adaptierten Regelungen kommt spätestens ab dem 28.05.2022 in Österreich und Deutschland zum Tragen.
Inhalte & wesentliche Änderungen
Anpassung der Verbraucherrechte-Richtlinie und daraus resultierende Änderungen im Rücktrittsrecht
Diese Richtlinie wurde inhaltlich insofern angepasst und erweitert, als dass sie nun ebenso auf Verträge über die Bereitstellung digitaler Inhalte, die nicht auf einem physischen Datenträger zur Verfügung gestellt werden, und Dienstleistungen – wie beispielsweise im Bereich von Cloud-Lösungen und Streamingdiensten – rechtliche Anwendung findet. Konkret bedeutet dies, dass dem Verbraucher in diesem Kontext ein 14-tägiges Rücktrittsrecht, sowie das Recht auf vorvertragliche Informationen zusteht. Und zwar unabhängig davon, ob die in Anspruch genommene Leistung monetär beglichen, oder die „kostenlose“ Nutzung via Bereitstellung personenbezogener Daten legitimiert und demnach tatsächlich gekauft wurde. Der Verbraucher muss nun ebenso über die gesetzliche Mängelhaftung informiert werden, wenn entsprechende Produkte bzw. Dienstleistungen angeboten werden.
Informationspflichten des Unternehmers
Um einer Anpassung an die technologische Entwicklung gerecht zu werden, können sich Unternehmer im Kontext von Fern- und Auswärtsgeschäften zukünftig flexibleren Online-Kommunikationsmitteln bedienen, deren Bereitstellung aber jedenfalls mitgeteilt werden muss (z.B. Chatfunktionen). Die verpflichtende Angabe einer Faxnummer entfällt, stattdessen muss eine Telefonnummer auf bereitgestellten Widerrufsbelehrungen und Musterformularen angeführt werden. Werden technische Hilfsmittel zur Personalisierung von Preisen angewandt, wie beispielsweise auf Grundlage einer automatisierten Entscheidungsfindung, so ist der Verbraucher dahingehend zu informieren.
Gesteigerte Transparenz auf Online-Marktplätzen und Vergleichsplattformen
Künftig sind Betreiber von Vergleichsplattformen und Online-Marktplätzen dazu verpflichtet, Verbraucher sowohl über das Zustandekommen des Angebotsrankings – mittels allgemeiner Information zur Festlegung und der relativen Gewichtung der Hauptparameter, wie beispielsweise finanzierte Positionierungen – zu informieren, als auch unmittelbar bekannt zu geben, ob es sich beim Verkäufer um einen Händler oder um eine Privatperson handelt. Im Falle eines Verkaufs durch eine Person ohne Gewerbeberechtigung, muss der Verbraucher von der Nichtanwendung der EU-Verbraucherrechte instruiert werden. Des Weiteren müssen die aus dem Vertrag resultierenden Verpflichtungen zwischen dem Marktplatz-Betreiber und dem privaten Anbieter der Waren/Dienstleistungen/digitalen Inhalte dem Verbraucher in transparenter Form kommuniziert werden. Hiervon ausgenommen sind Betreiber eines eigenen Webshops, welche ausschließlich Produkte anbieten, die sich in deren Besitz befinden. Wird der Anbieter einer Online-Suchfunktion unmittelbar oder mittelbar von einem Händler dafür bezahlt, dass ein beworbenes Produkt ein entsprechendes Ranking in den Suchergebnissen erhält, muss dieser Umstand, seitens des Anbieters der Online-Suchfunktion, einfach zugänglich und verständlich kommuniziert werden.
Kundenbewertungen und Empfehlungen
Zukünftig muss seitens der Unternehmer sichergestellt werden, dass ausschließlich Bewertungen von Kunden zugänglich gemacht werden, welche das bewertete Produkt oder die Dienstleistung auch tatsächlich im Vorfeld erworben haben. Darüber hinaus muss der Unternehmer Angaben dahingehend machen, wie diese Kontrolle und letztlich Prüfung auf Echtheit vor Bereitstellung der jeweiligen Bewertung erfolgt. Auch im Falle von gesponserten Rezensionen, ist über diesen Umstand jedenfalls eindeutig zu informieren. Letztlich muss also für den Verbraucher nachvollziehbar gemacht werden, wie mit Bewertungen grundsätzlich umgegangen wird – mit positiven, als auch mit negativen. Ein Zuwiderhandeln wird künftig als unlautere Geschäftspraktik qualifiziert.
Dual Quality
Werden Waren zweier EU-Mitgliedstaaten, welche sich in ihrer Zusammensetzung wesentlich voneinander unterscheiden, als ident deklariert und entsprechend vermarktet, gilt dies künftig als irreführende Geschäftspraktik. Dies beschränkt sich ausschließlich auf Waren – Dienstleistungen sind also ausgenommen. Legitime und objektive Faktoren können jedoch zur Rechtfertigung der jeweiligen Unterschiede herangezogen werden, wie beispielsweise (saisonale) Verfügbarkeiten von Rohstoffen, oder die Anpassung an diverse geografische Märkte.
Erweiterte Vorgaben bei der Angabe von Preisermäßigungen
Bei der Kommunikation von Preisermäßigungen ist der Händler laut Modernisierungsrichtlinie zukünftig dazu verpflichtet, den vorherigen Preis anzugeben, welcher innerhalb eines Zeitraumes von 30 Tagen vor der laufenden Preisermäßigung ausgewiesen wurde. Hierbei gilt es primär zu beachten, dass ausschließlich der niedrigste Preis, der von einem Unternehmer in demselben Vertriebskanal innerhalb des genannten Zeitraums verlangt wurde, angeführt werden darf. Unverbindliche Preisempfehlungen und Preisvergleiche mit Preisen von Dritten, sowie Preisermäßigungen mittels Gutscheine, Mengenrabatte oder holistisch rabattierte Produktgruppen sind hiervon ausgenommen. Ebenso bestehen entsprechende Ausnahmen für schnell verderbliche Agrar- und Lebensmittelerzeugnisse, welche ab einem Zeitpunkt innerhalb der 30-tägigen Frist nach der Erzeugung nicht mehr vertrieben werden dürfen – sofern der Verbraucher darüber informiert wird, dass die Preissenkung einen potenziellen Verfall vermeiden soll.
Erweiterung der Rechtsbehelfe für Verbraucher
Zukünftig soll Verbrauchern, die durch unlautere Geschäftspraktiken geschädigt wurden, erweiterte Rechtsbehelfe eingeräumt werden. Dies soll unter Verweis auf das allgemeine Schadenersatzrecht klargestellt werden. Verstößt der Unternehmer fahrlässig oder vorsätzlich gegen Vorschriften des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), so kann der Verbraucher nun Schadenersatzansprüche erheben.
Wiederverkauf von Eintrittskarten.
Ein weiterer Tatbestand der unlauteren Geschäftspraktik betrifft künftig den Wiederverkauf von Eintrittskarten, insbesondere für Kultur- und Sportveranstaltungen, wenn diese automatisiert erworben wurden. Wie beispielsweise unter Verwendung von Bots oder anderweitiger Software, was dazu führte, dass Beschränkungen des Erstverkäufers umgangen wurden.
Sanktionen
Bei Vorliegen von weitverbreiteten Verstößen gegen diese neuen Informationspflichten drohen hohe Geldstrafen von bis zu 4 % des Jahresumsatzes bzw. bis zu maximal 2 Millionen Euro bei Fehlen von Informationen bzgl. des jährlichen Gesamtumsatzes. Die Entscheidungsfindung wird künftig den zuständigen nationalen Behörden unterliegen, welche gemeinsame Kriterien bei der Entscheidung über entsprechende Sanktionen anzuwenden haben. Als primäres Strafverfolgungsinstrument soll hingegen weiterhin die Unterlassungsklage heranzuziehen sein.
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